Abschlussveranstaltung im Projekt „Gesundheitszentrum Spork”
Im Gesundheitszentrum Spork ist reger Betrieb, der Kursraum von Montag bis Freitag und auch am Wochenende belegt. Wo einst Grundschüler das ABC erlernten, sind nun Bürger für die eigene Gesundheit aktiv. Das umfangreiche Kursangebot umfasst neben Informationen und Vorträgen zu verschiedenen Gesundheitsthemen auch Angebote zur Bewegungsförderung, gesunder Ernährung und Bewältigung von Stress.
Ermöglicht wurde der Aufbau des Gesundheitszentrums im Rahmen des Projektes „Gesundheitszentrum Spork: Aufbau und Verstetigung eines wirtschaftlich tragfähigen, interdisziplinären und zivilgesellschaftlichen Wertschöpfungsnetzwerkes im Quartier“, gefördert durch die LeitmarktAgentur.NRW, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, EFRE-NRW und die Europäische Union.
Seit 2017 hat der Verein „Leben im Alter“ gemeinsam mit der Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V. (FfG) / Institut für Gerontologie an der TU Dortmund und dem Institut für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IZGS) der Evangelischen Hochschule Darmstadt die Entwicklung des Gesundheitszentrums und der Angebote vorangetrieben. Handlungsleitend war dabei stets, alle interessierten Bürger sowie lokale Akteure einzubeziehen.
Zur Abschlussveranstaltung des Projektes trafen sich der Projektverbund, lokale Akteure und Bürger im Bocholter Europahaus. Die unterschiedlichen Projektbeteiligten berichteten über ihre Erfahrungen, die sie in den letzten drei Jahren im Gesundheitszentrum gemacht hatten.
Zentral für den Aufbau und die Entwicklungen im Gesundheitszentrum Spork waren insbesondere die zivilgesellschaftlichen Akteure, allen voran die Familie Ostermann (Investor) und Wilhelm Fisser (Vorsitzender Spork aktiv e.V.), die sich seit mehr als einem Jahrzehnt intensiv für ihr Quartier einsetzen. Ausgehend von der Schließung verschiedener Einrichtungen und dem fortschreitenden Abbau lokaler Infrastrukturen war es Rudi Ostermann ein besonderes Anliegen, etwas Gutes für seine Wahlheimat Spork zu tun. Mit dem Erwerb des Gut Heidefeld und der ehemaligen Grundschule wurde der Grundstein dafür gelegt, die Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen. In der Zusammenarbeit mit dem Verein Spork Aktiv e.V. und dem Verein „Leben im Alter“ entwickelte sich die Idee für ein Gemeinschaftsprojekt, das in der renovierten Schule angesiedelt werden sollte. Nicht zuletzt aufgrund der zunehmend älteren Bevölkerung war man sich schnell darüber einig, dass ein Gesundheitszentrum die Versorgungssituation nicht nur der Sporker, sondern auch der Bocholter Bürger insgesamt verbessern könnte.
Mit dem Zuschlag für die Projektförderung im Rahmen des Leitmarktwettbewerbs Gesundheit.NRW konnte diese Idee über drei Jahre intensiv verfolgt werden. Ergänzt durch das tatkräftige Engagement der Zivilgesellschaft und mit Unterstützung aus Politik und Verwaltung wurde das Gesundheitszentrum erfolgreich aufgebaut. Besonders hervorzuheben sei dabei – so die Einschätzung von Andrea Unland (Geschäftsführerin L‑i-A e.V.) – der niedrigschwellige Ansatz: Die Nutzer stehen im Mittelpunkt und haben die Möglichkeit, komplexe Fragestellungen gemeinsam mit einem multiprofessionellen Team zu lösen. Dies wird durch eine Koordinierungsstelle unterstützt, die auf Grundlage der Interessen, Wünsche und Bedarfe der Bürger einen Mix aus professionellen und ehrenamtsgestützten Angeboten für das Gesundheitszentrum zusammengestellt hat. Hier hat sich – so bekräftigen Ursula Angenent (Physiotherapeutin im Gesundheitszentrum) und Ursula Löken (Kursanbieterin des DJK TUS STENERN) – eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit entwickelt, von der alle beteiligten Akteur und die Bürger profitieren.
Das schätzt auch Dr. Matthias Heuberger vom Institut für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft der Evangelischen Hochschule Darmstadt so ein: „Die vielen unterschiedlichen Akteure bereichern das Gesundheitszentrum und schaffen viele Möglichkeiten sich zu beteiligen.“ Gleichzeitig steige aber auch der Koordinierungsaufwand und die Anforderungen, die professionelle Anbieter, ehrenamtlich Aktive und Nutzer an das Gesundheitszentrum LUDGERUSHOF stellen, nähmen zu. Den damit verbundenen Herausforderungen könne durch eine Weiterentwicklung des Gesundheitszentrums zu einem regionalen Gesundheitsnetzwerk begegnet werden – ein Ansatz, der bereits in die Projektarbeiten eingeflossen und weiter auszubauen sei. Aus Sicht der Bürger wird das Gesundheitszentrum als wesentliche Unterstützung gesehen, vor Ort etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Die Auswertung zeige, so Stephanie Lechtenfeld (Institut für
Gerontologie an der TU Dortmund), dass das Angebot positiv bewertet und nicht nur von den Sporker Bürgern, sondern auch in der Gesamtstadt Bocholt und auch außerhalb davon wahrgenommen und genutzt werde. Vor allem die persönliche und familiäre Atmosphäre werde geschätzt und ein individueller Gesundheitsgewinn festgestellt: die Nutzer beobachten Verbesserungen in der Beweglichkeit und im eigenen Wohlbefinden und haben die Angebote als festen Programmpunkt in ihr Leben integriert. Dies wird auch von einer Nutzerin bestätigt, die das vielseitige Angebot im Gesundheitszentrum schätzt.
In Kooperation mit dem Institut für Gerontologie an der TU Dortmund wurde im Gesundheitszentrum zudem ein ehrenamtsgestütztes Angebot der Gesundheitsbegleitung entwickelt und umgesetzt, das Bürger unterstützt, für die eigene Gesundheit (wieder) aktiv zu werden. Zehn Bocholter Bürger wurden zu ehrenamtlichen Gesundheitsbegleitern qualifiziert und erleben diese Tätigkeit als sinnvoll: es macht ihnen Spaß, neue Menschen kennenzulernen und neue Aufgaben zu bewältigen.
Die Gesundheitsbegleitung ist auch ein Zugewinn für die eigene Gesundheit, weil z.B. durch die Bewegungsaktivitäten mit der Begleitperson zeitgleich die eigene Gesundheit verbessert werden kann. Ein Grundprinzip beim Aufbau der Initiative ist die Beteiligungsorientierung gewesen, berichtet Britta Bertermann (Institut für Gerontologie an der TU Dortmund), die als Lernbegleiterin intensiv mit den Gesundheitsbegleitern zusammengearbeitet hat. Die Ehrenamtlichen hatten und haben die Möglichkeit, sich einzubringen und aktiv mitzugestalten. Für die Qualifizierung zur Gesundheitsbegleitung wurde ein eigenes Konzept entwickelt. Ebenfalls neu ist, dass im Rahmen des Projektes erstmals auch (haftungs-)rechtliche Fragen der ehrenamtlichen Gesundheitsbegleitung adressiert wurden. Mit seiner Expertise zeigte Prof. Dr. Gerhard Igl (Institut für Gerontologie an der TU Dortmund) anschaulich die Handlungsspielräume und Einsatzmöglichkeiten in diesem Engagementfeld auf.
Rückblickend resümierte Prof. Dr. Andrea Kuhlmann (Institut für Gerontologie an der TU Dortmund), dass sich das partizipative Vorgehen im Projekt als gewinnbringend darstellte, denn nur durch die Einbindung der Menschen vor Ort war es möglich, ein passgenaues Angebot im Gesundheitszentrum zu entwickeln. Sie dankte im Namen des gesamten Projektverbundes allen Bürgern, lokalen Gesundheits- und zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie Vertretern aus Politik und Stadtverwaltung, die sich mit Motivation und viel Engagement in das Projekt eingebracht haben.
Mit dem Abschluss des Projektes sind die Grundlagen und Voraussetzungen geschaffen, um die Arbeiten im Gesundheitszentrum fortzuführen und weiter auszubauen. Dies wird ein wesentlicher Schwerpunkt der Aktivitäten des Vereins „Leben im Alter“ sein, stellte Andrea Unland abschließend in Aussicht.
Quelle: PAN Ausgabe 04/2020, Copyright PAN 2019