Gesundheitszentrum in Pantoffelnähe
LUDGERUSHOF –„Gesundheit, Begegnung und mehr unter einem Dach“
Von Dr. Andrea Kuhlmann, Dr. Susanne-Frewer-Graumann & Stephanie Lechtenfeld
Die meisten Menschen wünschen sich, auch im Alter gesund und aktiv zu sein. Um dies zu erreichen, ist der Zugang zu einer guten gesundheitlichen Versorgung mit Ärzten und anderen Gesundheitsangeboten eine wichtige Voraussetzung, die in ländlichen Regionen häufig nicht (mehr) vorhanden ist.
Der Ärztemangel ist vielerorts, so auch in Bocholt-Spork und den umliegenden Ortschaften Hemden, Holtwick, Suderwick, Lowick und Liedern spürbar. Hier hat die ärztliche Versorgung in den letzten Jahren stark abgenommen oder ist schlicht nicht mehr vorhanden. In den nach und nach schließenden Arztpraxen fehlen Nachfolger. Für Routineuntersuchungen und bei gesundheitlichen Problemen müssen Haus- und Fachärzte in der Stadtmitte, im Ärztehaus oder in den Nachbargemeinden aufgesucht werden. Und auch hier nehmen die Möglichkeiten der niedergelassenen Ärzteschaft, neue Patienten aufzunehmen, ab – und die Wartezeiten zu. Gleiches gilt für medizinisch-therapeutische Angebote wie Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie, Fußpflege und andere Angebote zur Förderung der Gesundheit wie Bewegungs- und Entspannungsangebote, die oftmals nicht wohnortnah erreichbar sind.
In Spork und den fünf umgebenden Stadtteilen leben rund 10.000 Menschen. Ein Blick auf die Altersstruktur verdeutlicht, dass langfristig eine tragfähige Gesundheitsversorgung in „Pantoffelnähe“ dringend benötigt wird. Denn ein Viertel der Einwohner sind 45 – 60 Jahre alt, eine weiteres Viertel bereits 60 Jahre und älter (Stand 2017).
Gerade in „alternden Stadtteilen“ ist es wichtig, eine gut erreichbare Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Denn zum einen steigt der Bedarf an ärztlicher Versorgung mit dem Lebensalter oftmals an. Zum anderen nimmt die Mobilität der Menschen mit zunehmendem Alter potenziell ab: Das eigene Auto oder Fahrrad wird seltener genutzt. Alternativen wie öffentliche Verkehrsmittel sind jedoch im ländlichen Raum nicht immer ausreichend und für ältere Menschen häufig nicht bedarfsgerecht vorhanden. So können einfache Wege wie z.B. Arztbesuche oder Erledigungen zu einer nicht mehr zu bewältigenden Aufgabe werden.Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wird seit März 2017 in Spork im neu gestalteten LUDGERUSHOF ein Modellprojekt durchgeführt, das durch Landes- und EU-Mittel für drei Jahre gefördert wird. Ziel ist es, die gesundheitliche Versorgung der Bürger und Bürgerinnen im gesamten ländlich geprägten Nordwesten des Bocholter Stadtgebiets zu verbessern.
Dazu wird im ehemaligen Sporker Schulgebäude ein Gesundheitszentrum aufgebaut, in dem verschiedene Gesundheitsangebote für unterschiedliche Zielgruppen unter einem Dach angesiedelt werden. Im Gesundheitszentrum im LUDGERUSHOF sollen professionelle Gesundheitsanbieter wie z.B. Allgemeinmediziner, Physiotherapeuten oder Fußpfleger die Räumlichkeiten tage- oder stundenweise nutzen können. Parallel dazu sollen Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention wie z.B. Stressbewältigungskurse oder Bewegungskurse das Angebot abrunden.
Die Angebote werden mit ehrenamtlich Engagierten sowie professionellen Diensten und Einrichtungen aus entwickelt, um so ein aufeinander abgestimmtes, gesundheitsförderndes Netzwerk aufzubauen. Anknüpfend an lokale Prozesse wie die Gesundheitszielentwicklung der Stadt Bocholt soll zudem gemeinsam mit den Fachämtern geprüft werden, welche Möglichkeiten bestehen, den öffentlichen Raum in den beteiligten Ortschaften gesundheits- und bewegungsgerecht neu- oder umzugestalten.
Das Gesundheitszentrum im LUDGERUSHOF richtet sich an alle Bürgerinnen und Bürger, insbesondere werden jedoch Menschen mit erhöhtem Gesundheitsrisiko angesprochen. Dazu zählen chronisch erkrankte und ältere Menschen, die besonders von einer vernetzen wohnortnahen Versorgung profitieren. Zudem werden gezielt pflegende Angehörige adressiert. Für diese
Zielgruppe geht es darum, die eigene Selbstfürsorge zu stärken. Es werden Angebote entwickelt, die Freiräume schaffen und zum Erhalt der Gesundheit der Pflegepersonen beitragen. Langfristig werden auch weitere Zielgruppen (z.B. Familien, Kinder und Jugendliche) einbezogen.
Einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu entwickeln oder aufrecht zu erhalten, stellt für viele Menschen, eine Herausforderung dar. Um den Zugang zu Angeboten der Gesundheitsförderung zu erleichtern, und sie zur regelmäßigen Nutzung dieser Angebote zu motivieren, werden im Projekt ehrenamtliche Gesundheitsbegleiter geschult. Diese werden darauf vorbereitet, insbesondere ältere Menschen z.B. zu Angeboten der Gesundheitsförderung im LUDGERUSHOF zu begleiten. Sie können auch dabei unterstützen, Informationen zu gesundheitsbezogenen Themen (z.B. Ernährungshinweise bei Diabetes) zu beschaffen und diese zu erläutern.
Für den Aufbau des Gesundheitszentrums im LUDGERUSHOF und die Planung konkreter Angebote ist es wichtig, die Bedarfe der Bürger zu kennen. Dafür wird im Herbst 2017 ein Fragebogen an alle Haushalte in den Bezirken Spork, Hemden, Holtwick, Suderwick, Lowick und Liedern verteilt. Mit ihrer Hilfe können die Projektpartner die Angebote im Gesundheitszentrum im LUDGERUSHOF bedarfsgerecht entwickeln. Daher laden die Verantwortlichen bereits jetzt herzlich ein, das Projekt zu unterstützen und sich an der Befragung zu beteiligen. Weitere Angebote stellen im Projektverlauf die Bürgerbeteiligung sicher, u.a. die Einrichtung eines Bürgerbegleitgremiums. Hier erhalten Bürgervertreter aus den sechs Bezirken die Gelegenheit, gemeinsam mit den Projektpartnern die Arbeitsschritte für den Aufbau des Gesundheitszentrums im LUDGERUSHOF zu beraten und zu bewerten. Außerdem bietet das Gesundheitszentrum vielfältige Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement, etwa als Gesundheitsbegleiter oder Kursleiter für verschiedene Angebote. Interessierte Bürger können sich direkt an den Verein „Leben im Alter“ wenden.
Quelle: PAN Ausgabe 08/2017, Copyright PAN 2017